Das Speyer-Semester

Alle Informationen über die Möglichkeiten für Berliner Referendar*innen, sich für ein Semester nach Speyer senden zu lassen findet ihr auch beim Kammergericht.

Die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften bietet ein besonderes Ausbildungsprogramm für Rechtsreferar*innen, die sich für eine Karriere in oder in der Nähe der Verwaltung interessieren (auch: Justiz, Anwaltschaft, Medien, Nichtregierungsorganisationen).

Die Veranstaltungen decken alle Verwaltungswissenschaften ab, d.h. Jura (insb. Verwaltungs- und Europarecht), Politologie, Soziologie, Ökonomie, Geschichte, dazu Schlüsselqualifikationen. Hinzu treten mehrere Veranstaltungen speziell für die Examensvorbereitung (Klausurübung im Zivil-, Straf- und öffentlichen Recht, Übung Zwangsvollstreckung, Aktenvortragslehrgang, Vertiefungsveranstaltungen VwGO).

Alle Länder und der Bund arbeiten zusammen, um sich hier ihre späteren Führungskräfte heranzuziehen. Zu den Dozent*innen gehören neben 17 ordentlichen Professor*innen nahezu 80 Praktiker*innen aus Politik, Verwaltung, Justiz, Anwaltschaft, Presse und der Bundeswehr. Zu Vorlesungen kommen viele Veranstaltungen mit praktischem Gehalt, v.a. die sogenannten Projekt-Arbeitsgemeinschaften sowie Veranstaltungen zu Schlüsselqualifikationen (Verhandeln, Rhetorik, Personalführung etc.).

Neben fachlichen Angeboten gibt es Vorträge von Alumni sowie ein von der studentischen Selbstverwaltung (Hörerschaft) organisiertes Rahmenprogramm mit Exkursionen und so manche Party.
Basierend auf dem Speyer-Semester, welches als „verwaltungswissenschaftliches Ergänzungsstudium“ ausgestaltet ist, kann man später nach Speyer zurückkommen und im besten Fall mit nur einem weiteren Semester einen weiteren Hochschulabschluss (Magister oder LL.M.) erwerben.

Rechtsreferendar*innen können sich für ein Semester nach Speyer zuweisen lassen; das Studium dort wird dann wie eine Station des Referendariats behandelt.

Dies richtet sich nach den Semesterzeiten (jeweils drei Monate) in Speyer:

Das Sommersemester geht vom Mai bis Juli, das Wintersemester vom November bis Januar.

Für Referendar*innen der Mai- und der Novemberkampagne kommt damit regelmäßig nur die Anwaltsstation (dort der 2. bis 4. Monat), für Referendar*innen der Februar- und der Augustkampagne die Wahlstation in Frage; für letztere ist der Besuch zwar auch am Ende der Rechtsanwaltsstation (dort der 5. bis 7. Monat) möglich, aber nicht anzuraten, weil man dann das Probeexamen in Berlin verpasst.

Achtung! Wer in der Anwaltsschaftsstation geht, muss sich trotzdem einer geeigneten Person zuweisen lassen und mit dieser abklären, dass man dann drei Monate nicht da ist. Die Zuweisung nach Speyer betrifft nur drei Monate, ersetzt also nicht die ganze Anwaltsstation!

Zur (nicht abschließenden) Liste „Speyer-freundlicher“ Rechtsanwaltskanzleien (ganz nach unten scrollen)

Aktenvortragslehrgang in der Wahlstation: Wer in der Wahlstation nach Speyer gehen will, hat im Monat nach den Klausuren theoretisch frei, verpasst aber den (nicht verpflichtenden) Aktenvortragslehrgang im Monat vor der mündlichen Prüfung. Es besteht die Möglichkeit mit dem Kammergericht abklären, dass man an einem Aktenvortragslehrgang in dem freien Monat vor Speyer teilnimmt!

Die Anmeldung erfolgt als normale Stationszuweisung bei der Referendarabteilung des Kammergerichts Frau Sroka, Tel. (030) 9013-2119).

Für die Bewerbung gibt es einen Vordruck, bei dem man auch sein Einverständnis dafür geben kann, seine E-Mail-Adresse und Telefonnummer den anderen Berliner Speyer*innen zur Verfügung zu stellen. Das ist sinnvoll für das Bilden von Fahrgemeinschaften etc.!

Eine Bewerbung o.ä. bei der Uni Speyer selbst ist nicht nötig! Das KG wird vor der endgültigen Stationszuweisung noch einmal anrufen und nachfragen, ob man denn wirklich nach Speyer will.

Anmeldefrist beim Kammergericht: Mindestens drei Monate vor Semesterbeginn!

Es gibt die Möglichkeit, sich bereits vier Semester im Voraus einen Studienplatz reservieren zu lassen. Die Zusage, dass ein Platz bereit gehalten wird, erleichtert u.U. die Zuweisung. In jedem Fall müsst ihr euch aber beim Kammergericht um die Stationszuweisung bemühen!

Das Land Berlin finanziert die DUV Speyer mit, deshalb stehen ihm 18 Plätze für Referendar*innen pro Semester zu. Diese werden aber nicht ausgeschöpft; man bekommt seinen Platz auf jeden Fall, ansonsten gäbe es ein Losverfahren. In einer zweiten Welle werden diejenigen Plätze, welche die anderen Länder nicht ausgeschöpft haben, dann ebenfalls verlost. Spätestens hier käme man dann zu seinem Platz.

Zuschüsse/Trennungsgeld: Das Land Berlin gewährt Referendar*innen keinerlei finanzielle Hilfen für das Speyer-Semester. Für Fahrtkosten, Wohnheim etc. muss man komplett alleine aufkommen! Lediglich die Unterhaltsbeihilfe wird wie gewohnt weiter gezahlt. Die Kosten für Speyer (Wohnheim, Fahrtkosten, Material etc.) lassen sich aber von der Steuer absetzen!

In Speyer ergattert man entweder einen der raren Wohnheimplätze oder wohnt privat. Die Universität verfügt über zwei einfache, aber gepflegte Wohnheime direkt am Campus (Gästehaus Freiherr vom Stein, Gästehaus Otto Mayer).

Einen Wohnheimplatz kann man erst beantragen, wenn die Uni Speyer einem ca. sieben Wochen vor Semesterbeginn den Studienplatz bestätigt. Den Unterlagen liegt ein Formular bei. Es wird gelost. Bei Buchung eines Doppelzimmers erhöht sich die Chance auf einen Wohnheimplatz.

Wer keinen Wohnheimplatz bekommen hat, muss sich auf dem freien Markt in Speyer bemühen. Etliche Eigentümer*innen vermieten hier Einzelappartements oder WG-Zimmer. Die Uni betreibt eine private Zimmerdatenbank. Sehr hilfreich ist es, sich in der jeweiligen Social-Media-Gruppen des Vorsemesters einfach ein paar Namen und Adressen empfehlen zu lassen. Hier bilden sich auch WGs.

Nachzügler*innen: Erfahrungsgemäß werden in den ersten Wochen des Semesters ein paar Wohnheimplätze wieder verfügbar, wenn nämlich Leute nicht zum Semester erschienen sind oder sich aus welchen Gründen auch immer dafür entscheiden, doch nicht ins Wohnheim zu ziehen. Darauf kann man sich aber natürlich nicht verlassen!

In die Wohnheime mitnehmen muss man unbedingt Dinge wie Fön und Handtücher; Bettwäsche hingegen wird gestellt und alle drei Wochen gewechselt. Auch werden die Zimmer gereinigt! Da die Wohnheimküchen schlecht ausgestattet sind, empfiehlt es sich, eine Pfanne, einen Topf, ein Küchenmesser etc. mitzubringen.

In der campuseigenen Mensa („Taberna“) kann man frühstücken und zu Mittag essen (Mo bis Fr).

Die Wohnheime verfügen über Etagenküchen mit abschließbaren Kühlschränken und Kochgelegenheiten. Sehr schnell bilden sich hier Kochabende mit den Kommiliton*innen. Bei längeren Pausen kann man auch zu Fuß in die Altstadt von Speyer und dort essen.

Es gibt keine echten Pflichtveranstaltungen, nur ein Pflichtpensum, nämlich 20 Semesterwochenstunden.

Alle Hörer*innen (so heißen die Studierenden in Speyer) müssen ein Seminar und eine Projekt-Arbeitsgemeinschaft belegen und dort jeweils einen Leistungsnachweis erwerben.

Das Seminar läuft so, wie man das von der Uni kennt: Man bekommt ein Thema, hält einen Vortrag darüber und schreibt eine Seminararbeit, diskutiert über die anderen Vorträge. Art, Umfang, Tiefe und Hilfsmittel bestimmt der/die jeweilige Dozent*in. Man sollte hier schon bei der Auswahl genau hinschauen, um sich solche Fristen über das Semester zu verteilen.

Die Projekt-AG widmet sich einem bestimmten Aspekt des Verwaltungshandelns. Der Leistungsnachweis wird hier in vielfältiger Weise erworben: durch einen Gruppenvortrag, ein „Werkstück“ (z.B. ein ausgearbeitetes Konzept), eine schriftliche Projektbeschreibung etc. Die Projekt-AGs sind bewusst auf Gruppenarbeit und viel Mündlichkeit ausgelegt und machen gerade deshalb regelmäßig viel Spaß!

Die Veranstaltungsbelegung erfolgt elektronisch, wobei die beiden Pflichtveranstaltungen zuerst belegt werden und man einige Tage später die weiteren Veranstaltungen belegt, die man besuchen möchte. Natürlich kann man mehr als ein Seminar oder eine Projekt-AG belegen!

Achtung: Es gibt immer nur begrenzte Teilnehmermöglichkeiten, daher braucht es manchmal Losglück. Bestimmte Dozent*innen kann man vorher anschreiben, sich vorab ein Thema geben lassen und hat seinen Platz dann sicher.

Vorgaben des Kammergerichts bei Anwaltsschaftsstation: Wenn man in der Anwaltschaftsstation geht, verlangt das Kammergericht darüber hinaus, dass von den 20 SWS mindestens 10 aus dem Bereich „Rechtsberatung und Rechtsgestaltung“ stammen. Dafür sind in Speyer jedoch nahezu 70 Prozent der Veranstaltungen qualifiziert (Schätzung), insbesondere alle Veranstaltungen zur Examensvorbereitung, sodass es kein Problem ist, diese Vorgabe zu erreichen. Auch das Seminar oder wahlweise die Projekt-AG müssen zu diesem Bereich gehören; man muss also zwingend einen Leistungsnachweis in diesem Bereich erwerben.

Eine Landesübung müssen und können Referendar*innen aus Berlin nicht besuchen, weil das Land Berlin eine solche nicht anbietet. Die Referendar*innen der meisten anderen Länder hingegen müssen i.d.R. freitags eine Übung vergleichbar mit der heimischen AG besuchen, in der sie Klausuren schreiben. Es empfiehlt sich deshalb, mit dem heimischen AG-Leitung in Berlin in Kontakt zu treten, um sich Material, Klausuren etc. schicken zu lassen.

Das hängt vom persönlichen Geschmack, der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit sowie von den Kapazitäten ab.

Ein ideales Pensum, das allen Aspekten des Speyer-Semesters gerecht wird, sollte aus Veranstaltungen zur Examensvorbereitung, aus juristischen Vertiefungsveranstaltungen, aus Schlüsselqualifikationen und aus Veranstaltungen in den sonstigen Verwaltungswissenschaften (VWL, BWL, Soziologie, Geschichte, Politologie) bestehen.

Orientierungsphase: In den ersten drei Tagen des Studiums stellen sich alle Dozent*innen reihum vor (jeweils 15 Minuten im Audimax); man erhält einen Eindruck von dem, was sie darstellen, was sie unterrichten und was sie verlangen. Danach kann man sich in den ersten zwei Wochen unverbindlich in alles reinsetzen (mit Ausnahme der schon früh ausgebuchten Pflichtveranstaltungen) und erst mal reinschnuppern. Endgültig muss man sein Pensum dann nach zwei Wochen festgelegt haben.

Wer Speyer als Referendar*in besucht hat („Ergänzungsstudium“), bekommt einerseits ein Stationszeugnis mit den Noten der beiden Pflichtveranstaltungen (Seminar und Projekt-AG; bei den Referendar*innen anderer Länder auch noch die Landesübung).

Außerdem bekommt man eine beglaubigte Leistungsübersicht mit allen belegten Veranstaltungen und soweit vorhanden auch mit Noten.

Beides befindet sich auch in der Personalakte des Kammergerichts. Einige Dozent*innen stellen von sich aus, andere zumindest auf Wunsch, besondere Teilnahmebescheinigungen aus, wenn man einen Leistungsnachweis erbracht hat.

Speyer bietet für „Wiederkommende“ auch besondere Hochschulabschlüsse an.

Alle als Referendar*in belegten Veranstaltungen, die zum Lehrplan eines der in Speyer zu erwerbenden Hochschulabschlüsse (Magister der Verwaltungswissenschaften/LL.M.) gehören, sind für einen solchen Abschluss anrechenbar. Der Magister und der LL.M. sind in Speyer in zwei Semestern plus Prüfungsphase zu absolvieren – hat man sein Semester als Referendar*in entsprechend gefüllt, hat man schon ein ganzes Semester für diesen Abschluss, das man sich anrechnen lassen kann.

Der Magister der Verwaltungswissenschaften (Mag. rer. pupl.) ist der einzige Abschluss dieser Art in Deutschland. Man wählt aus vier Schwerpunktbereichen. Leistungspensum: drei Grundlagenscheine (darunter zwingend die Vorlesung „Einführung in die Verwaltungswissenschaft“ mit Prüfung) plus ein Colloquium mit Leistungsnachweis, aus zwei Schwerpunktbereichen jeweils ein Seminar und eine Projekt-AG und jeweils weitere darin belegte zwölf SWS Veranstaltungen. Verwaltungspraktikum (hier ist die Verwaltungsstation des Referendariats regelmäßig anrechenbar!), Magisterarbeit und mündliche Prüfung.

Der Master of Laws: „Staat und Verwaltung in Europa“ (LL.M.) ist ein größtenteils öffentlich-rechtlicher LL.M.-Studiengang, der genau wie der Magister in zwei Semestern absolviert wird.

Leistungspensum: fünf Pflichtmodule mit gewissen Wahlfreiheiten, einem Sprachenmodul sowie einer Masterarbeit. In allen diesen Modulen müssen Leistungsnachweise erbracht werden. Zulassungsvoraussetzung: Überdurchschnittliches erstes oder zweites Staatsexamen oder zweimal 11 Punkte in Leistungsnachweisen aus dem ersten Speyer-Semester.

Zum Thema „Freizeit“ ist zunächst auf die Hörerschaftsvertretung und ihr Rahmenprogramm zu verweisen. Im Gegensatz zu mancher Studierendenvertretung an den großen Universitäten arbeitet die Hörerschaftsvertretung recht pragmatisch zum unmittelbaren Nutzen der Hörenden.

Die einzelnen Referate (Kultur, Sport, Event, EDV, Alumni, Master, Ball, Integration, Finanzen) haben alle eine bestimmte Sachaufgabe, die jeweils ein/e Referent*in und der/die Stellvertreter*in erfüllen. Manches davon geschieht hinter den Kulissen, aber vieles findet sich später am Schwarzen Brett wieder: Sportkurse, Themenabende, Partys, Veranstaltungen, Exkursionen. Sie organisieren auch Räume für Angebote, die von Hörenden selbst kommen, z.B. Debattierclub, Chor, Band etc. „Klassiker“ sind die Exkursionen zum BVerfG, zum BGH oder zum EGMR (Karlsruhe: 50 km).

Wer gerne Dinge in die Hand nimmt, organisiert, Spaß an gemeinnütziger Arbeit hat kann für eins der Referent*innenämter zu kandidieren. Gelegenheit zur Kandidatur besteht am ersten Tag des Semesters bei einer Vollversammlung aller Hörer*innen und Begrüßung durch den/die Rektor*in. Am besten nimmt man vorher schon Kontakt mit den Vor-Referent*innen auf.

Weiter ist auf das malerische Städtchen Speyer selbst zu verweisen. Hier kann man im Winter auf den Weihnachtsmarkt, im Sommer ans Rheinufer oder an die Badeseen gehen.